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Zellulosefaser Dämmplatten - Ökobilanz

Wärmedämmstoffe

Zum großen Teil hergestellt aus Zellulose des Altpapierrecyclings. Weitere Bestandteile: Fasern aus Alt- und Resttextilien; als Zusätze Ligninsulfonat und Tallharz (Bindemittel) sowie Aluminiumsulfat und Borate
Verwendung: als Wärmedämmung zwischen Dachsparren, in leichten Trennwänden, als Außendämmung mit hinterlüfteter Fassade, als Auf-Sparren-Dämmung sowie beim Flachdach
Eigenschaften: sorptionsfähig, elektrisch und elektrostatisch neutral, geruchsfrei, in trockenem und vorübergehend feuchten Zustand verrottungs- und fäulnissicher; Brandklasse B2 (normal entflammbar)

Herstellung

Energieverbrauch (Graue Energie)
Zellulosefaserplatten
ca. 1744 MJ/m³
Zelluloseflocken
ca. 190 MJ/m³
Flachsfasermatten
ca. 1000 MJ/m³
Polystyrol EPS 20
ca. 1900 MJ/m³
Schadstoffe
- vorwiegend aus Verbrennungsprozessen
Bestandteile
- Homatherm: ca. 50 M-% zerkleinertes Altpapier (Papierrecycling), ca. 15 M-% Jute;
ca. 10-14 M-% Borax und Borsäure als Brandschutz und Konservierung;
ca. 8 M-% Ligninsulfonat , ca. 15 M-% Tallharz und Aluminiumsulfat
Verfügbarkeit der Rohstoffe
- ausreichend (derzeit Überkapazitäten bei Altpapierbeständen)

Nutzung

Schadstoffe bei der Verarbeitung am Bau
- (bei Zuschnitt mit den üblichen schnell rotierenden Holzbearbeitungsmaschinen hohe Faseremissionen, deshalb spezielle Schneideeinrichtungen des Herstellers verwenden)
Schadstoffbelastung im eingebauten Zustand
- bei dichtem Einbau keine Innenraumbelastung durch Feinstäube zu erwarten (es liegen Untersuchungen zur Gesundheitsbeeinträchtigung durch Faserbelastung, Restbestandteile wie Druckerfarbe, Leime etc. sowie Borate vor)

Rückbau

Entsorgung
- thermische Verwertung in Abfallverbrennungsanlagen
- nicht kompostierbar wegen Zusätzen, die in die WGK 1 eingestuft sind
Verwertung
- Produktionsreste werden in Produktionsprozeß zurückgeführt; für Homatherm- Dämmplatten besteht Rücknahme- und Wiederverwertungsgarantie, aufgrund der geringen Abfallmengen wurde bisher noch keine Sammellogistik aufgebaut.
Rückbauaufwand
- gering bis hoch (je nach Konstruktion)

Zusammenfassung

Zellulosefaserdämmplatten sind gebundene Platten aus Altpapier und Jute. In Deutschland werden Zelluloseplatten derzeit nur von einem Werk hergestellt (Homatherm).
Nachhaltigkeit:
Rohstoff für die Herstellung von Zellulosefaserplatten ist hauptsächlich Zeitungspapier, das im Umkreis von etwa 50 km um das Werk gesammelt und sortiert angeliefert wird. Die Sortierung gewährleistet gleichbleibende Produkteigenschaften. In der Produktionsvorstufe wird das Papier zunächst zerfasert und trocken mit einer Borsalzmischung vermengt. Ebenfalls zerfasert werden Alt- und Resttextilien (wie z.B. alte Kaffesäcke). Anschließend werden Papier und Jute gemischt und unter Einwirkung von Wasserdampf und Zugabe der Bindemittel Ligninsulfonat und Tallharz zu festen Matten verpresst. Tallharz und Aluminiumsulfat verbinden sich dabei zu einem hydrophobierenden Resinat (Salz der Harzsäure) und bilden eine wasserabweisende Schicht. Die technischen Lignine und Naturharze (Tallharze) stammen vornehmlich aus der Zellstoffgewinnung.
Für die Energiebereitstellung werden Strom und Holz eingesetzt, insgesamt sind rund 2250 MJ/m³ für die Dämmstoffherstellung aufzuwenden (bei Rohdichte 80 kg/m³), der Anteil der Grauen Energie beträgt ca. 1744 MJ/m³. Das Treibhauspotential liegt bei ca. 1 kg CO2-Äq./kg Dämmstoff.
In der Nutzungsphase gehen von Zelluloseplatten keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus. Zwar haben Untersuchungen zum Schadstoffgehalt in Altpapier die Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber, →PCB sowie →Formaldehyd festgestellt, doch werden die vorhandenen Mengen als sehr gering eingestuft. Zur Unbedenklichkeit der Homatherm-Platten liegt ein Prüfzertifikat des IBO vor (→Internetadressen). Im eingebauten Zustand gelten die Zusatzstoffe Borax, Aluminiumsulfat und Ligninsulfonat weitgehend als unkritisch, bei Borax bestehen jedoch Vorbehalte bzgl. der Umweltverträglichkeit (vgl. →Flammschutzmittel).
Beim Zuschnitt der Zelluloseplatten werden kritische Faserstäube freigesetzt, jedoch in weit geringerem Maße als bei Verarbeitung der →Zelluloseflocken. Die Menge der Staubbelastung hängt von den eingesetzten Verarbeitungswerkzeugen ab (es stehen spezielle Schneideeinrichtungen der Fa. Homann zur Verfügung).
Fazit:
Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,040 W/mK erweisen sich Zellulosefaserplatten als gut geeigneter Wärmedämmstoff. Als Rohstoffe dienen vornehmlich Altpapier sowie Alt- und Resttextilien, allerdings ist der Anteil an Zusatzstoffen mit einem Drittel an der Gesamtmasse relativ hoch. Dank der ressourcenschonenden Recyclingstoffe sowie der guten winterlichen und sommerlichen Wärmeschutzeigenschaften erreichen Zellulosefaser-Dämmplatten eine hohe Nachhaltigkeit. Als Nachnutzung ist eine Wiederverwendung unverschmutzter Dämmplatten bei zerstörungsfreiem Ausbau theoretisch möglich. Solange kein Rücknahmesystem besteht, werden die Platten voraussichtlich in Abfallverbrennungsanlagen entsorgt. Aufgrund seiner bedenklichen Umwelteigenschaften ist die Substitution des →Flammschutzmittels Borax voranzutreiben.

Quellen

- Mötzl, H., Zelger, T. (Hrsg.: IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie, Donau-Universität Krems, Zentrum für Bauen und Umwelt): Ökologie der Dämmstoffe, Wien 2000
- Fuehres, M.; Faul, L.: Bewertung natürlicher, organischer Faserdämmstoffe, Stuttgart 2000, FB T 2902
- →http://www.ibo.at/pruef.htm →http://www.oekotest.de

Die vorliegenden Datenblätter wurden mit freundlicher Genehmigung des Blok Verlag dem Buch "Nachhaltiges Bauen in der Praxis" entnommen.

Verfasser der Baustoff-Datenblätter:
Bernhard Kolb, seit über 30 Jahren tätig im Bereich energieeffizientes und nachhaltiges Bauen. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema.

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