Wärmedämmstoffe
Herstellung aus Erdöl; durch Destillationsprozesse wird Reinstyrol gewonnen; durch Polymerisation entsteht Polystyrol; anschließend Extrudierung zu XPS unter Einsatz von Treibmitteln; Zurechtschneiden der Blöcke zu Platten (Produktfarbe blau, grün oder gelb)
Eigenschaften: praktisch keine Feuchtigkeitsaufnahme, unverrottbar, alterungsfest, beständig gegen Säuren und Alkalien, nicht beständig gegen
Lösemittel und UV-Strahlung, fäulnisresistent, Brandklasse B1
Herstellung
Energieverbrauch (Graue Energie)
Polystyrol XPS (HFKW-geschäumt)
ca. 110 MJ/kg
Polyurethan
ca. 126 MJ/kg
Polystyrol XPS (CO2-geschäumt)
ca. 107 MJ/kg
Polystyrol EPS
ca. 119 MJ/kg
Schadstoffe
- vor allem hohe CO
2-Emissionen, große Versäuerung, geringe Styrolemissionen
Bestandteile der Rohmasse (in M.-%)
- ca. 91 % Polystyrolgranulat, ca. 7 % CO
2 bzw. HFKW 134a/152a, ca. 1%
Flammschutzmittel HBCD
Verfügbarkeit der Rohstoffe
- begrenzt (Erdöl-/Erdgasprodukt)
Nutzung
Schadstoffe bei der Verarbeitung am Bau
- beim Heißdrahtschneiden und maschineller Bearbeitung:
MAK-Wert für Styrol: 20 ppm; MAK-Wert Ethanol: 1000 ppm
Schadstoffbelastung im eingebauten Zustand
- im Brandfall: Aufgrund von HBCD als
Flammschutzmittel kann es neben den üblichen Verbrennungsgasen zur Entstehung giftiger Brandgase kommen, die hochgiftige Dioxine und Furane bilden können.
Rückbau
Entsorgung
- Bauschuttdeponie
- Verbrennung in Abfallverbrennungsanlagen, dabei unschädliche Vernichtung von eventuell vorhandenen →FCKW oder HFCKW/HFKW
Verwertung
- keine stoffliche Verwertung wegen möglicher halogenierter Treibmittel
Rückbauaufwand
- gering bei losem Einbau, hoch bei Verklebung
Zusammenfassung
Extrudiertes Polystyrol, kurz XPS, ist bevorzugt geeignet für den Wärmeschutz in stark beanspruchten, erdberührten Bereichen.
Nachhaltigkeit:
Rohstoffbasis für Polystyrol ist Erdöl, z.T. auch Erdgas. Die Produktion von XPS erfolgt zunächst wie bei →EPS durch Polymerisation von →Styrol. Anschließend wird die schmelzflüssige Polystyrolmasse unter Einsatz eines Treibmittels durch Extruder gepresst. Die sehr geschlossene Porenstruktur ergibt eine außerordentlich niedrige Wassseraufnahmefähigkeit und garantiert damit eine dauerhafte Einhaltung der geringen Wärmeleitfähigkeit. XPS besteht zu 98 % aus Gas und zu 2 % aus Polystyrol. Den größten Teil der Grauen Energie (ca. 90 %) verursachen der Grundstoff →Styrol und dessen Polymerisation;
Flammschutzmittel, Treibgase und andere Zusatzstoffe sowie die weitere Herstellung spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt ist die Primärenergie im Vergleich mit anderen Wärmedämmstoffen mit ca. 4000 MJ/m³ bei Rohdichte 37 kg/m³ überdurchschnittlich hoch.
Für die Styrolherstellung wird in der Literatur ein Emissionspotential von mehreren tausend Tonnen pro Jahr angegeben. Auf Polystyroldämmstoffe bezogen liegt der Wert bei max. 150 t/a (Umweltbundesamt). →Styrol ist biologisch leicht abbaubar. In der Atmosphäre erfolgt eine rasche Umsetzung durch Reaktion mit Hydroxylradikalen (Halbwertzeit 6 h).
Als Treibmittel eingesetzt wird heute vorwiegend das unkritische CO
2. CO
2 hat weitgehend die Ozonschicht abbauenden oder treibhauswirksamen persistenten →FCKW- und HFCKW-Treibmittel abgelöst. Seit 1995 ist →FCKW als Treibmittel verboten, seit 2000 auch HFCKW. In einigen XPS-Produkten wird als Treibmittel noch HFKW eingesetzt. HFKW enthält ebenfalls umweltwirksame Stoffe und diffundiert während der Nutzungsphase aus XPS-Platten aus. Insgesamt liegt das Treibhauspotential von HFKW-geschäumten Platten weit über dem der anderen Dämmstoffe (22 kg CO
2-Äq./kg nach 1 Jahr, 73 kg CO
2-Äq./kg nach 80 Jahren). Der größte deutsche Hersteller von XPS verwendet als Trebmittel CO2 oder eine Kombination aus CO2 und organischen Treibmiteln (ca. 2-3% Ethanol).
Als →
Flammschutzmittel (zur Einstufung in Baustoffklasse B1) wird für XPS Hexabromcyclododekan (HBCD) verwendet. HBCD erfüllt die Kriterien für persistente (in der Umwelt nicht leicht abbaubare), bioakkumulierende (sich in Organismen anreichernde) und toxische (giftig für Mensch, Ökosysteme oder Organismen) Stoffe (PBT-Stoffe) der neuen europäischen Chemikalienverordnung REACH. PBT-Stoffe sind unter REACH schrittweise seit 01.Juni 2009 zulassungspflichtig. Das bedeutet, PBT-Stoffe dürfen nur noch unter ganz bestimmten, strengen Auflagen zum Einsatz kommen, und auch nur solange keine geeigneten Ersatzstoffe oder Ersatzprodukte vorhanden sind.
Als Entsorgungsweg kommt für XPS ausschließlich die kontrollierte Verbrennung infrage. Nur so bleibt sichergestellt, dass eventuell vorhandene halogenierte oder teilhalogenierte Treibmittel unschädlich vernichtet werden. Bei der Verbrennung lassen sich ca. 40 % der eingesetzten Energie als Heizwert zurückgewinnen.
Fazit:
Extrudiertes Polystyrol (XPS) ist wegen seiner sehr niedrigen Wärmeleitfähigkeit, der hohen Druckfestigkeit und der geschlossenen Poren ein vor allem für feuchtebeanspruchte Bauteile bevorzugter Wärmedämmstoff. Aus ökologischer Sicht gegen den Einsatz von XPS spricht, solange das Treibmittel HFKW eingesetzt wird. HFKW-geschäumte Platten enthalten ozonschichtabbauende oder treibhauswirksame persistente Stoffe, die über lange Zeit aus dem Dämmstoff ausdiffundieren. Der Handel bietet bereits seit dem Jahr 2000 HFKW- und FCKW-freie XPS-Dämmstoffe an (z.B. "Styrodur C"). Doch Vorsicht: Mit Hinweis auf den verbesserten Dämmwert bieten Hersteller vereinzelt auch weiterhin HFKW-geschäumte XPS-Platten an. Mit HFKW sind Lambda-Werte um 030 zu erreichen, mit Luft um 035.
Weiterer Kritikpunkt: Derzeit enthalten alle Polystyrol-Dämmstoffe noch das
Flammschutzmittel Hexabromcyclododekan. HBCD ist gemäß der neuen europäischen Chemikalienverordnung REACH als giftig für Mensch, Ökosysteme oder Organismen eingestuft. Das Umweltbundesamt plädiert dafür, zur Wärmedämmung - soweit technisch möglich - andere umweltverträgliche Dämmmaterialien zu verwenden, bis ein alternatives
Flammschutzmittel für Polystyrol gefunden ist.
Praxistest
Anwendungsbereiche von XPS sind vorwiegend Perimeterdämmung, Flachdach und Fundamentplatte. Die Alternativen zu XPS:
- Außenwand erdberührt, Sockel: →
Schaumglasplatte oder →EPS intensiv geschäumt (nicht bei drückendem Wasser)
- Fundamentplatte: →
Schaumglasplatte, →
Blähglasgranulat, →
Perlite.
- Flachdach (ohne besondere Lasten und Merkmale): →
Schaumglas, →
Steinwolle, →EPS Graphit, →EPS Standard, →Polyurethan
- Sonderfall Umkehrdach: Für diesen Anwendungsbereich hat XPS als einziger Dämmstoff die Zulassung.
Anmerkung: Für hochwärmegedämmte Bauweisen empfiehlt das IBO Wien in seinem Bauteilkatalog bei Perimeter- und Fundamentplattendämmung neben
Schaumglas auch XPS, allerdings mit der Einschränkung "CO2-geschäumt".
Die Beispiele zeigen, dass XPS trotz umweltrelevanter Bestandteile in einigen Anwendungsbereichen praktisch ohne echte Alternative ist.
Einbautipp: Sofern technisch möglich, Platten trocken verlegen, damit sie nach Ausbau wiederverwendet werden können.
Verarbeitung von XPS: Vermutlich dank ihrer Geschlossenzelligkeit verströmen die Platten beim Zuschneiden (mit der Handsäge) nicht den unangenehmen Geruch nach Styrol wie →EPS. Im Gegenteil: XPS entfaltet einen dezenten Parfümduft. Doch der Schein trügt: XPS nimmt bei den Schadstoffen den unrühmlichen Spitzenplatz ein. XPS enthält die gleichen, jedoch rund dreimal mehr
Flammschutzmittel als EPS! Selbst →PUR weist trotz mengenmäßig größerer Anteile an Flammschutzadditiven und Katalysator das deutlich kleinere Toxizitätspotential auf.
Quellen
- Kasser, Ueli (Büro für Umweltchemie, Zürich): Dämmstoff-Spider (www.dämmstoff-spider.ch), Zürich 2009
- Umweltbundesamt: Bromierte
Flammschutzmittel - Schutzengel mit schlechten Eigenschaften?; Presseinformation 020/2008; Berlin 2008
- www.natureplus.org/
- www.positivlisten.de
- www.wecobis.de
- www.baubook.at/
- Waltjen, Tobias (Hrsg. IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie): Hochbaukonstruktionen und Baustoffe für hochwärmegedämmte Gebäude, Wien 2004
- Mötzl, H., Zelger, T. (Hrsg.: IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie, Donau-Universität Krems, Zentrum für Bauen und Umwelt): Ökologie der Dämmstoffe, Wien 2000